Schleudersitze

Das Rettungssystem für fliegende Besatzungen bei einem drohenden Absturz oder der Gefahr einer Kollision

Kompletter Triebwerkausfall bei einer F-16 Falcon der Kunstflugstaffel Thunderbirds.

Die Entwicklung des Schleudersitzes

Es ist der 13. Januar 1943. Im Rahmen einer Erprobung wird eine Heinkel He 280 für einen Überführungsflug vom Flugplatz Lärz nach Rechlin zur E-Stelle vorbereitet. Die He 280 V1 ist ein Erprobungsträger, der auf die Staustrahltriebwerke Argus Rohre As014 umgerüstet wurde und ohne eigenen Antrieb im Schlepp von zwei Schleppflugzeugen Messerschmitt Bf 110 überführt werden soll. Es ist ein sehr kalter Wintertag mit Schneefällen, so dass die Kanzel kurz nach dem Start vereist und die Ausklinkvorrichtung für das Schleppseil an der He 280 blockiert. Der Werkspilot Fritz Schenk der Firma Argus wackelt mit den Tragflächen und signalisiert den Schleppmaschinen das Schleppseil auszuklinken. Das Schleppseil hängt nun am Bug der He 280, die somit eine Landung zu einem großen Risiko werden lässt. Da die He 280 bereits mit dem von Heinkel entwickelten Katapultsitz ausgestattet war, katapultiert sich Schenk aus der Maschine. Er landete unverletzt, die He 280 geht jedoch dabei verloren. Es ist der erste Schleudersitzausstoß der Geschichte!

Dramatische Situationen, Ausstieg in letzter Sekunde mit dem Rettungssystem Schleudersitz.
Plötzlicher Leistungsabfall des Triebwerks der Harrier.
Aus ca. 10 Meter Höhe schlägt die Maschine auf den Boden auf.
Beide Piloten überleben dank ihrer Zero-Zero-Schleudersitze.

Bei den immer höheren Geschwindigkeiten der Militärflugzeuge war es für die Besatzungen auf Grund des hohen Staudrucks nicht möglich, die Maschine ohne Unterstützung mit dem Fallschirm zu verlassen. Es galt, das Leben der ausgebildeten Piloten zu erhalten, denn gegen Ende des Zweiten Weltkrieges herrschte bei der deutschen Luftwaffe ein akuter Mangel an erfahrenen Piloten, besonders für den Einsatz in der Nachtjagd. Die Firma Heinkel entwickelte daraufhin ein Rettungssystem, den pressluftgetriebenen Katapultsitz, der 1942 zunächst am Boden mittels einer Katapultabschussbahn mit Puppen getestet wurde. Der Ausstoßdruck bei den Tests und Erprobungen betrug 50 bis 120 bar. Ohne Kenntnis der Belastungen auf den menschlichen Körper wagte im gleichen Jahr der Heinkel-Werkspilot Joachim Eisermann einen Katapultabschuss, den er unbeschadet überstand.

Das Warnkennzeichen weist auf die Einbauposition des Schleudersitzes und auf die Gefahr im Umgang damit hin.
Hier das Warnkennzeichen im Cockpitbereich einer A-4 Skyhawk.

Nach erfolgreichem Abschluss der Testserie erhielt der Strahljäger He 280 V1 mit der Kennung DL + AS als erstes Flugzeug den Katapultsitz. Als erstes Serienflugzeug der Welt wurde die Heinkel He 219 Uhu, Kennung DV+DI, mit dem Katapultsitz, dessen Erprobung ebenfalls 1944 in Rechlin erfolgt ist, ausgestattet. Zur Erprobung in Rechlin wurde er von Flugkapitän OLt. Joachim Eisermann und dem Rechliner Erprobungsspringer Wilhelm Buss eingesetzt. Die hintere Kabinendach-Sektion über dem Funker wurde bei der He 219 entfernt, um nicht bei jedem Versuchsausstoß ein Kabinendach zu opfern.

Am Kabinendach aufgeklebte Sprengschnüre zerstören das Kabinendach vor dem Ausschuss.

Während des Zweiten Weltkriegs hat Heinkel über 1.000 Katapultsitze für seine Flugzeugtypen He 219 Uhu und He 162 Salamander hergestellt. Eigene Katapultsitze für ihre Muster entwickelte z. B. Dornier für die Do 335 oder Focke Wulf für die Fw Ta 154. Katapultsitze als Rettungsgerät standen zum Ende des Kriegs lediglich den deutschen Flugzeugführern zur Verfügung, von denen sich 60 Piloten mit dem System retten konnten. Mit der weltweiten Entwicklung von turbinengetriebenen, viel schnelleren Jets wurde der Ruf nach einem sicheren Rettungssystem immer lauter, denn aus schnell fliegenden Flugzeugen lediglich mit einem Fallschirm abzuspringen ist keine Option. Die Gefahr von Seiten- bzw. Höhenleitwerk getroffen zu werden wäre einfach zu groß. Da war Heinkel mit seinem Schleudersitz schon auf dem richtigen Weg und somit schritt die Entwicklung von Schleudersitzsystemen voran, angepasst an die Forderungen der Luftfahrtindustrie, speziell für die Militärfliegerei. Ausnahmen bilden da die speziellen Schleudersitzentwicklungen für Kunstflugzeuge und Hubschrauber.

Die Schleudersitze des F-104G Starfighter der Luftwaffe. Rechts der Lockheed C-2 Schleudersitz,
links der Martin Baker Mk GQ7. Beide gehören zur Generation 2 mit Zero-Zero-Kapazität.

Bei heutigen Schleudersitzsystemen erfolgt der Ausstoß aus dem Cockpit nicht mehr mittels Druckluft, sondern mit Treibladungen, der sogenannten Schleudersitzkanone. Die meisten Schleudersitze katapultieren sich nach oben aus dem Cockpit. Jedoch gab es auch Maschinen, bei denen der Ausschuss nach unten erfolgen sollte, so z. B. die erste Generation des Starfighters. Grund dafür war die Kollisionsgefahr mit dem Leitwerk beim Ausstieg. Das System machte aber einen Ausstieg in der Start- und Landephase so gut wie unmöglich. Letztendlich entschied man sich für den von Lockheed entwickelten und …

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